Parallel zu A.C. White hatte in Deutschland Oskar
Korschelt (*18.09.1853 Berthelsdorf †4.07.1940
Leipzig) eine eigene Problemsammlung aufgebaut, die bereits
1913 75.000 Probleme und Studien umfasste. Bekannt ist
Korschelt heute vorwiegend als Verfasser des "gereinigten
Alexander" (Coburg 1913), ein Korrekturen-Büchlein
zu A. Alexandre, Collection des plus beaux Problèmes
d'Échecs ... (Paris 1846; im gleichen Jahr
auch in deutscher und englischer Sprache erschienen).
In seiner Zeit galt er als "unverdrossener Auskunftgeber
in Ursprungsfragen" zu Schachproblemen, in dieser
Eigenschaft ist er mehrfach von Kohtz und Kockelkorn lobend
erwähnt worden.
In einem kurzen Nachruf auf Korschelt (DSZ IX
1940) lesen wir: "In Leipzig ist still und zurückgezogen,
wie er im Leben gewirkt hat, im Alter von 87 Jahren vor
einigen Wochen Oskar Korschelt gestorben. |
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Er war mit dem Problemwesen eng verwachsen, wenn er auch selber
nie ein Problem verfaßt hat. Er hatte sich aber im Laufe
der Jahre eine große Sammlung von Problemen aus alter
und neuer Zeit angelegt und auch so geordnet, daß er Dubletten
und verwandte Probleme jederzeit leicht nachweisen konnte. Alle,
die sich mit problemtheoretischen Arbeiten beschäftigen,
fanden in Korschelt stets einen unentbehrlichen und willigen
Helfer und Förderer; er hat auch wertvolle Ergänzungen
zu den Sammelwerken von A.C. White geliefert. Nach dem Weltkrieg
hat Korschelt seine Sammlung, die 85 000 Stück umfaßt,
abgeschlossen, weil inzwischen A.C. White, von zahlreichen Freunden
unterstützt, seine Sammlung auf mehrere 100 000 Stück
gebracht hatte. Die Korscheltsche Sammlung umfaßt alles,
was er in den in Europa erreichbaren Büchereien gefunden
hat." Und an anderer Stelle (Dt. Schachblätter
1940): "... auch veröffentlichte Korschelt selbst
während einer Reihe von Jahren im Deutschen Wochenschach
zu jedem bedeutenderen Problemwerk, insbesondere zu den Büchern
der berühmten Weihnachtsserie A. C. Whites umfangreiche
Listen mit Quellenangaben, Berichtigungen und schachproblemgeschichtlichen
Angaben, die von unschätzbarem Wert sind für jeden,
der sich für die Geschichte der Problemideen interessiert."
Es ist offensichtlich, dass Korschelt als weitgehender Einzelkämpfer
im "Fernduell" mit A.C. White den Kürzeren ziehen
musste und seine Sammlung ("80 888 handschriftlich auf
Zetteln verzeichnete Schachprobleme aus der Zeit bis 1912"
- DSZ XII 1928) an Bedeutung verlor. Im Jahre 1928
hat der nunmehr 75-jährige seine Sammlung dem Deutschen
Schachbund geschenkt - sie ging in den Besitz des damaligen
Schriftführers A. Hild im thüringischen Ohrdruf über
- im Gegenzug wurde ihm eine "Altersrente aus der Kasse
des DSB" bewilligt. Nach 1945 hat der Erfurter Problemkomponist
Josef Fischl (*24.04.1904 †24.08.1955) die Korschelt-Sammlung
in Verwahrung gehalten, eine Notiz
in der DSZ von Dezember 1955 (Umschlagseite) vermeldet,
dass er die Sammlung "vor einiger Zeit ... Wolfgang Klein
in Erfurt, Bebelstr. 11" anvertraut hat. [Mitgeteilt von
Rainer Staudte.] Danach verliert sich die Spur der Sammlung,
die nach dem frühen Tod W. Kleins (*7.12.1935 †25.12.1985)
möglicherweise in einer Privatsammlung gelandet ist.
Alle Dimensionen sprengt die gigantische Problemsammlung des
dänischen Problemisten Jens Peter Toft
(*31.10.1898 †4.09.1980 Kopenhagen), ehemaliger Herausgeber
der Zeitschrift Arbejder Skak (III 1946 - XII 1970),
Schachredakteur der Zeitung Land og Folk und Sekretär
des "Dansk Arbejder Skak Forbund" (IV 1941 - IV 1970):
in den 30er Jahren hatte er K.A.K. Larsen seine Unterstützung
beim Aufbau einer Problemsammlung angeboten, diese Arbeit sollte
sich auf über 50 Jahre ausdehnen. Das Ergebnis war eine
Sammlung von schätzungsweise 1 Million Problemen/Studien
– eine genaue Zählung hat allerdings nie stattgefunden.
[Diese hohe Zahl wird von Experten auch für unrealistisch
gehalten und stark bezweifelt.] Die Sammlung ist in zahlreichen
Boxen auf handgestempelten Diagrammblättern von sehr dünnem
Papier untergebracht, auf denen jeweils Autor und Quelle spezifiziert
sind. Toft selbst hat seine Sammlung schließlich dem Dansk
Skakproblem Klub (DSK) übereignet, wo sie vom "chairman"
Jan Mortensen (*13.11.1932 †11.05.2003)
adoptiert wurde (sie konnte leider seit 1980 nicht mehr weiter
aktualisiert werden, u.a. auch deswegen, weil niemand Tofts
Ordnungssystem ergründen konnte). Um Verwechslungen vorzubeugen,
muss man hier noch eine weitere dänische Sammlung nennen,
die von Viggo Klausen angelegt und von Jan Mortensen fortgeführt
wurde, sie weist immerhin etwa 100.000 Probleme auf. Nach Mortensens
Tod verblieb die Toft-Sammlung bei seiner Witwe, die beabsichtigte
Weitergabe an Holger Helledie scheiterte an dessen langfristiger
Erkrankung. Demgemäß existiert die Sammlung zwar
noch, ohne aber wirklich "weiterzuleben".
Dem Sammeln von (ausschließlich)
orthodoxen Zweizügern hatte sich der deutsche Problemist
Hermann Albrecht (*30.08.1915 Marburg
†26.05.1982 Frankfurt/M.) verschrieben. Zusammen
mit K. Heublein entwickelte er zu Beginn der 30er Jahre
sein eigenes Klassifikationssystem, das keinerlei Beziehung
zu dem von A. C. White geschaffenen aufwies. Die 1933
begonnene und über knapp 50 Jahre ausgebaute Zweizüger-Sammlung
war "so geordnet, dass er mit fast unfehlbarer Sicherheit
jeden Vorgänger einer neu erscheinenden Aufgabe feststellen
kann." [W. Speckmann] Albrecht ist zwar auch als
Komponist aufgetreten (seine an die 120 Probleme, meist
Zweizüger, stammen nahezu alle aus der Zeit vor dem
Krieg und der Kriegsgefangenschaft), aber seine Bedeutung
in der Problemwelt beruht in erster Linie auf seiner Sammlung,
die "ein internationales Monopol bei der Vorprüfung
von Turnieraufgaben..." [H.-D. Leiß] für
sich beanspruchen darf. |
Hermann Albrecht
Deutsche Schachzeitung 1935
Matt in 2 Zügen
1.De7! (2.Dg5#) Lxd5/Sxd3
2.d4/d6#
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Auch schriftstellerisch war er aktiv mit frühen Artikelserien
zu weißen Linienkombinationen und zur "fortgesetzten
Verteidigung" und er regte zahlreiche Aufsätze zur
Zweizügerthematik an. Nebenbei hat er als Schwalbe-Sachbearbeiter
(1938-39; 1946-63) die Zweizüger-Abteilung der Schwalbe
in eine weltweite Spitzenposition geführt. Beruflich
war Albrecht (er hatte vor dem Krieg Germanistik, Anglistik
und Geschichte studiert) ab 1950 als Redakteur und Übersetzer
bei der Nachrichtenagentur AP (Frankfurt) tätig.
Beim Tode Albrechts umfasste seine Sammlung etwa 83.000 Probleme
überwiegend auf Karteiblättern (Format DIN A6).
Sie wurde von Hans-Dieter Leiß (*15.01.1941
†23.10.1994 Trier) weitergeführt, dessen unerwartet
früher Tod dazu führte, dass die Verwaltung der
im Eigentum der Schwalbe (deutsche Vereinigung
für Problemschach) befindlichen Sammlung 1994 von Udo
Degener (Potsdam) übernommen wurde. Nach 1995
haben er und Wieland Bruch (Booßen)
gemeinsam an der Übertragung der Sammlung auf elektronische
Datenträger gearbeitet.
PS (28.04.2021): Die Sammlung, die nun mehr
als 255.800 Probleme von > 14.000 Autoren umfasst, ist
im Internet frei zugänglich:
www.schach-udo.de/dab/zwei.htm. Sie wird von Udo Degener
ständig weitergeführt - eine gewaltige Arbeit ohne
absehbares Ende. Siehe auch Thomas Brands Blog-Eintrag
vom 16.12.2016.
Ebenfalls eine thematisch geordnete Sammlung von Zweizügern
hat der holländische Komponist Albert M. [Albertus
Marinus] Koldijk (*13.7.1917 Amsterdam †6.10.2005
Hoogezand?) in seinen jüngeren Jahren (ca. 1930-1940)
zusammengetragen, diese ist mit ca. 10.000 Stück (auf
Karten) allerdings deutlich kleiner geblieben als die Albrecht-Sammlung.
Koldijk hat sich neben der Komposition auch vielfach redaktionellen
Arbeiten gewidmet (Jahrbücher, Schachspalten etc.), er
wurde Internationaler Schiedsrichter für Schachkompositionen
(1958) und erhielt den Titel "Honorary Master of Chess
Composition" (1991), zudem war er Ehrenmitglied des holländischen
Problemschachbunds "Nederlandse Bond van Schaakprobleemvrienden".
Vor allem seine berufliche Tätigkeit - er war als studierter
Mathematiker Oberstudiendirektor in einer Oberschule - hat
ihn daran gehindert, seine Problemsammlung weiterzuführen.
Eine Besonderheit dieser Sammlung sei aber erwähnt, sie
wurde und wird bis heute in einem eigens zu diesem Zweck angefertigten
kleinen Schubladenschrank aus Holz aufbewahrt. Der Schrank
mit der Sammlung, der nach Koldijks Tod von Henk le Grand
übernommen wurde, eignet sich natürlich besonders,
um auf Schach-Veranstaltungen oder -Ausstellungen als historisch
interessantes Exponat präsentiert zu werden (so geschehen
in Wageningen 2006; Abbildung siehe problemskak.dk
>> Link "49. WCCC i Wageningen").
Ein weiterer Ausbau der Sammlung ist nicht vorgesehen, aber
gelegentlich wird sie noch von Henk le Grand genutzt.
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